Das  Gefängnis in der frühen Neuzeit – Tod eines Gefangenen
      von  Tim Scholz  
Das  Gefängnis und seine Funktion in der frühen Neuzeit
      Über  das Gefängnis im 16. Jahrhundert ist nur wenig bekannt. Es gibt  nur sehr wenige Quellen. Erst im 18. Jahrhundert finden wir   systematische Beschreibungen über Gefängnisse. Diese befassen sich  allerdings mit den so genannten Zucht- und Arbeitshäusern, die keine  Untersuchungsgefängnisse waren.1
      
Im  16. Jahrhundert befanden sich Gefängnisse oftmals in Stadttürmen  und administrativen Gebäuden, wie zum Beispiel Rathäusern.2 Allgemein wurde das Einsperren im Turm oder Kerker zum Beispiel bei  Bannbruch oder Ketzerei verhängt, aber auch wenn man Schulden hatte  und diese nicht begleichen konnte. Gefangene wurden nur selten in  Türmen oder Kerkern eingesperrt, um sie zu bestrafen.3 Aus den Berichten von Gerichtsverwaltern erfahren wir, dass die  Haftbedingungen oft sehr gesundheitsschädlich waren und der Zustand  der Gefängnisse oft ein Grund für den Tod eines Gefangenen  darstellte.4 Selbst Juristen beklagten sich im 16. Jahrhundert über die  unhaltbaren Zustände der Gefängnisse.5 Die Räume, in denen die Gefangenen untergebracht wurden waren  feucht, kaum beheizt und oft fiel wenig Licht herein. Auch die  Frischluftversorgung war mangelhaft; insbesondere dann, wenn das  Gefängnis zum Beispiel unter der Erde lag. Diese unzumutbaren  Haftbedingungen waren allerdings kein Teil von Verhör- und  Folterpraxis.
Selbst Juristen beklagten sich im 16. Jahrhundert über die  unhaltbaren Zustände der Gefängnisse.5 Die Räume, in denen die Gefangenen untergebracht wurden waren  feucht, kaum beheizt und oft fiel wenig Licht herein. Auch die  Frischluftversorgung war mangelhaft; insbesondere dann, wenn das  Gefängnis zum Beispiel unter der Erde lag. Diese unzumutbaren  Haftbedingungen waren allerdings kein Teil von Verhör- und  Folterpraxis.
      Die  meisten Gefängnisse befanden sich also in einem miserablen Zustand,  waren zumeist einsturzgefährdet und boten durch ihren Bauzustand  leichte Möglichkeiten zur Flucht. Oft wurde beklagt, dass zu wenige  Gefängnisse zur Verfügung standen. Vor allem in kleineren Städten  oder auf dem Land war das der Fall. Entweder wurdendie Gefangenen  dann an andere Gerichte übergeben oder man bediente sich eines  Ersatzes. Alltägliche Orte, wie zum Beispiel Gasthöfe, oder sogar  das Haus des Gefangenen, konnten so zu Gefängnissen umfunktioniert  werden. Solche verbesserten Haftbedingungen wurden bei adligen  Menschen oftmals bevorzugt. Das Gefängnis war also der  „Aufbewahrungsort“ für den Gefangenen bis zum Tag des  Verfahrens. 
      Im  Zentrum des frühneuzeitlichen Strafprozesses stand die  Untersuchungshaft. Mit der Inhaftierung von Schuldigen sollte in  erster Linie bewirkt werden, dass man nicht fliehen konnte. Die  einzelnen Bedingungen der Untersuchungshaft waren vom Status des  Gefangenen abhängig. Für den Adel wurde zum Beispiel noch im 16.  Jahrhundert eine Sonderstellung gefordert. Wahrscheinlich hat es sich  hier aber nur um Forderungen einzelner Personen gehandelt, da sich in  den Quellen der frühen Neuzeit kaum noch Hinweise auf eine  tatsächliche Sonderstellung sozialer Gruppierungen finden lassen.6
      Eine  massenhafte Unterbringung im Gefängnis fand erst später im 18.  Jahrhundert statt. Hier stand der Besserungsaspekt, die  Sozialisierung der Gefangenen, im Vordergrund. Nach Foucault wurde  das eigentliche Gefängnis, wie wir es kennen, deshalb erst im 18.  Jahrhundert geboren, als Häftlinge als Arbeitskräfte eingesetzt  wurden.7
      Erste  Entwicklungen in Richtung Besserungsanstalten in Form der Arbeits-  und Zuchthäuser gab es aber auch schon im 16. Jahrhundert. Auslöser  für diese Entwicklung waren gesellschaftliche Probleme8 die immer mehr als Bedrohung aufgefasst wurden, wie Armut oder  Vagabundentum.9 Durch die Leibes- oder Todesstrafe konnte man diese Probleme nicht  lösen. So entwickelten sich letztendlich nach dem Vorbild des  Londoner Zuchthauses Bridewell, welches bereits 1555 gegründet  wurde, sowie des Amsterdamer Zuchthauses von 1595, auch in  Deutschland die Zucht- und Arbeitshäuser.10 Im Zentrum des Strafprozesses stand nun die Besserung der Gefangenen  durch schwere Arbeit und Zucht. Ferner gab es auch Unterricht und  Seelsorge, um die Gefangenen wieder in die Gesellschaft einzugliedern  und zu resozialisieren.11
Der  Stock
         Eine  sehr charakteristische Eigenschaft des Gefängnisses in der frühen  Neuzeit war der so genannte Stock. Dabei handelt es sich um einen  schweren Holzblock der aus zwei Hälften bestand. Er diente dazu, die  Füße, Hände und manchmal sogar den Hals des Gefangenen fest zu  halten. Oftmals wurde der Stock auch unter freiem Himmel angewandt.  Die beiden Hälften des Stockes wurden zusammengeschlagen und lagen  durch Zapfen aufeinander. Es gab ganz verschiedene Formen des  Stockes. Es gab zum Beispiel Stöcke, in die ausschließlich die Füße  des Gefangenen gelegt wurden; der so genannte Beinklotz, der dem  Gefangenen eine schlechtere Fortbewegung ermöglichte, sowie Stöcke  für die Hände und den Hals. Der Daumenstock war eine Foltermethode  die die Daumenschraube ersetzte. Hierbei handelte es sich um ein  Brett mit Stacheln, in das der Daumen eingeschlossen wurde. Der Stock  hatte den Sinn der Abschreckung vor dem Gefängnis bzw. vor  Haftstrafen.12
      Eine  sehr charakteristische Eigenschaft des Gefängnisses in der frühen  Neuzeit war der so genannte Stock. Dabei handelt es sich um einen  schweren Holzblock der aus zwei Hälften bestand. Er diente dazu, die  Füße, Hände und manchmal sogar den Hals des Gefangenen fest zu  halten. Oftmals wurde der Stock auch unter freiem Himmel angewandt.  Die beiden Hälften des Stockes wurden zusammengeschlagen und lagen  durch Zapfen aufeinander. Es gab ganz verschiedene Formen des  Stockes. Es gab zum Beispiel Stöcke, in die ausschließlich die Füße  des Gefangenen gelegt wurden; der so genannte Beinklotz, der dem  Gefangenen eine schlechtere Fortbewegung ermöglichte, sowie Stöcke  für die Hände und den Hals. Der Daumenstock war eine Foltermethode  die die Daumenschraube ersetzte. Hierbei handelte es sich um ein  Brett mit Stacheln, in das der Daumen eingeschlossen wurde. Der Stock  hatte den Sinn der Abschreckung vor dem Gefängnis bzw. vor  Haftstrafen.12
Die  Rolle und Funktion des Gefängnisses im Fall Lackum
      Im  16. Jahrhundert stellte das Gefängnis lediglich einen Behelf dar, um  Straftäter unterzubringen und bis zum Verfahren zu verwahren. Auch  im Mordfall Lackum kann man nur von einem Behelf sprechen. Hier  scheint das Gefängnis in erster Linie dazu gedient zu haben Georg  und Anthon Lackum voneinander zu trennen, indem man sie beide jeweils  in einem anderen Gefängnis inhaftierte, um so schneller ein  Geständnis zu erlangen. 
      Aus  den Akten des Reichskammergerichtes geht hervor, dass der Drost zu  Wetter Angst hatte, für den Tod Anthons zur Verantwortung gezogen zu  werden. Deshalb wollte er sich dieser Verantwortung entziehen und das  Verfahren zum Tod Anthons so schnell wie möglich beenden. Bereits am  13. Januar 1592 bestätigte er, dass Anthon Lackum im Gefängnis  gestorben sei. Drei Tage zuvor habe ein Diener dem Gefangenen seine  Mahlzeit bringen wollen und entdeckt, dass der Gefangene sich nicht  mehr bewegen konnte. In den Akten wird beschrieben, dass der Mund des  Verstorbenen offen, sein Körper steif und gekrümmt war und er schon  gestunken habe. Zuerst  sei Anthon allerdings zum Feuer gebracht  worden um ihn zu wärmen, in der Hoffnung ihn doch noch wiederbeleben  zu können. Kurz darauf sei er aber gestorben. Der Richter habe den  Tod festgestellt. Für den Drosten zu Wetter war der Tod ein Beweis  dafür, dass beide, Georg und Anthon Lackum, des Mordes schuldig  gewesen waren.
      Nach  Anthons Tod kam der Verdacht eines Verstoßes gegen die klevische  Polizeiordnung auf. Deswegen wurde eine Kommission einberufen, die  den Vorfall untersuchen sollte. An der Spitze dieser Kommission stand  der Richter von Hamm und der Richter von Schwerte.
      Immer  wieder hat der Drost zu Wetter seine Maßnahmen in Bezug auf Anthon  und die Zustände seiner harten Haftbedingungen gerechtfertigt. Aus  der Akte geht hervor, dass er zuletzt am 2. April 1592 nochmals seine  Maßnahmen rechtfertigte und sich einvernehmlich mit den klevischen  Räten erklärte. Erst am 5. Juli 1592 wurde der Richter zu Schwerte,  Matthias Becker, als Kommissar eingesetzt. Unter seiner Leitung  sollte der Vorfall genau überprüft werden.13
      Zusammenfassend  ist festzustellen, dass die schweren, unmenschlichen Haftbedingungen,  die oftmals in den Gefängnissen der frühen Neuzeit geherrscht  haben, auch im Mordfall Lackum ein  Grund für den Tod Anthons  gewesen zu sein scheinen.
        
        
        
      
1Ludwig,  	Ulrike: Untersuchungshaft im Strafverfahren. In: Lexikon zur  	Geschichte der Hexenverfolgung, hrsg. v. Gudrun Gersmann, Katrin  	Moeller und Jürgen-Michael Schmidt, in: historicum.net. [URL:  	http://www.historicum.net/no_cache/persistent/artikel/5724/]  	(05.07.2009) (im Folgenden zitiert als: Ludwig, 2009). und 
      Falk Bretschneider: Gefangene
Gesellschaft. Eine Geschichte der Einsperrung in Sachsen im 18. und 19.
Jahrhundert, Konstanz 2008.
2Ludwig, 2009.
3Schild, W.: Art. Gefängnis, in: LexMa, Bd. 4, (1989), Sp. 1168-1169.
4Ludwig, Ulrike: Untersuchungshaft im Strafverfahren. In: Lexikon zur Geschichte der Hexenverfolgung, hrsg. v. Gudrun Gersmann, Katrin Moeller und Jürgen-Michael Schmidt, in: historicum.net. URL: http://www.historicum.net/no_cache/persistent/artikel/5724/ (05.07.2009)(im Folgenden zitiert als: Ludwig 2009/2).
5Ludwig, 2009/2.
6Ludwig, 2009/2.
7Foucault, Michel: Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses, Frankfurt a. M. 1976, S. 295-397.
8Hinckeldey, Ch.: Justiz in Alter Zeit, Rothenburg 1989 (im Folgenden zitiert als: Hinckeldey, 1989), S. 350-352.
9Henze, Martina: Art.: Gefängnis, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 4, (2006), Sp. 242-244.
10Hinckeldey, 1989, S. 350-352.
11Lieberwirth, R.: Art. Freiheitsstrafe, in: HRGI, Bd. 1, (1922-1925), Sp. 1238-1240.
12Grimm Deutsches Wörterbuch (Onlinewörterbuch). Suchbegriffe: Stock, Gefangenenstock.
13 LAV NRW W, RKG L 57, fol. 145 ff.
