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Das Amt und die Freiheit Wetter
Ralf-Peter Fuchs

Innerhalb der Territorien des Alten Reiches regierten die Landesherren über ihre Amtmänner, die man in Westfalen Drosten nannte. Diese standen festen Amtsbezirken vor, in denen sie für allgemeine Verwaltungsaufgaben zuständig waren. Neben ihnen übten, in untergeordneter Stellung, weitere beamtete Personen landeshoheitliche Aufgaben aus. Zu ihnen gehörten Richter und die für die Steuererhebung maßgeblichen Rentmeister.
Auch die Grafschaft Mark war in Ämter unterteilt. Eine Grafik von Jürgen Kloosterhuis stellt diese Verfassungsstruktur dar. Man kann sehen, daß die Ämter noch einmal in verschiedene Gerichtsbezirke aufgeteilt waren. Zudem existierten neben den Ämtern auch Gerichte außerhalb der Amtsverfassung. Bei diesen sogenannten Eigengerichten, Stiepel, Herbede, Witten, Mengede-Bodelschwingh, Horst und Buddenburg, handelte es sich um Herrschaftsbezirke von Adelsfamilien, die es verstanden hatten, sich Rechte in unterschiedlichem Umfang zu bewahren. Die Herren des Gerichts Witten z.B. betrachteten sich als unabhängig vom Landesherrn und holten regelmäßig Privilegien vom Kaiserhof ein, mit denen sie dokumentierten, daß Witten ein Reichslehen war.
Wetter war dagegen in die Amtsverfassung eingegliedert und unterstand damit der Landesherrschaft der Grafen von der Mark bzw. der jülich-klevischen Herzöge. Am Ende des 16. Jahrhunderts war die Burg Wetter Amtssitz des landesherrlichen Drosten. Drost Georg von Romberg sorgte, während spanische Truppen in den 1580er Jahren die Grafschaft Mark durchstreiften, für einen Ausbau der Befestigungen der Freiheit Wetter.1 Sein Nachfolger hatte, wie der Fall Lackum zeigt, in den 1590er Jahren eine starke Position innerhalb des Machtgefüges.
Der Name „Freiheit Wetter“ macht jedoch auch deutlich, daß die Bewohner der Siedlung eine Sonderstellung innerhalb des Amtes hatten. Sie stellten einen eigenen Bürgermeister und einen Rat, die auch gerichtliche Funktionen ausübten. Darüber hinaus bestritten die Bewohner der Freiheit, zum „platten Land“ zu gehören. Im Gegensatz zu den Untertanen, die auf dem „platten Land“ lebten und auf Landtagen von Adeligen repräsentiert wurden, versuchten sie, ihren Interessen nachzugehen, indem sich mit anderen Freiheiten und kleinen Städten zusammenschlossen und eigene politische Zusammenkünfte organisierten.2 Die Zugehörigkeit zum Amt manifestierte sich wiederum in der Steuerpflicht und in der Tatsache, daß schweren Vergehen, insbesondere Tötungsdelikten, auch wenn Bewohner der Freiheit betroffen waren, von den Beamten, die dem Landesherrn unterstanden, nachgegangen wurde.
In der Freiheit lebten Menschen, die Handwerken nachgingen, unter ihnen Schneider, Schuster, Bäcker, Fleischer und Kramer. Allerdings bildete sich keine Gewerbestruktur aus, wie sie in den voll entwickelten Städten existierte. Es gab z.B. keine Zünfte. Ebensowenig gelang es, das Markt-, Münz- und Zollrecht zu erwerben. Zudem zeigt der Fall Georg Lackum, daß Bewohner ländlichen Grundbesitz hatten, diesen verpachteten und Abgaben eintrieben. Darüber hinaus übten sie selbst gemeinsam mit den Bewohnern des Dorfes landwirtschaftliche Tätigkeiten aus.
Die Freiheit Wetter manifestierte sich, für jederman sichtbar, nicht zuletzt über ihre Mauern und Pforten. Jede Person, die hineingelangen wollte, mußte den Pförtner passieren. Dietrich Lackum und sein Anwalt wiesen in ihrem Verteidungsschreiben für Georg und Anton Lackum darauf hin, daß nachts „zu Wetter die pfortten verschloßen“3 waren. Das Haus eines Torwächters ist seit 1582 belegt.4


Quellenauszüge

„Ewer Furstlich Gnaden Bürgermeister und Raht und Gemeinheit dero Fryheit Wetter“
(LAV NRW W, RKG L 24, Bd. 2, fol. 81v.)

Mit diesen Worten ist ein Gnadengesuch für Georg und Anton Lackum unterzeichnet. In der Unterschrift kommt die Zugehörigkeit zur Landesherrschaft wie auch das Selbstbewußtsein einer Bürgerschaft zum Ausdruck.

1 Dietrich Thier: Die märkische Freiheit Wetter. Hagen 1989, S. 56.

2 Dietrich Thier: Die Tage der kleinen Städte und Freiheiten in der Grafschaft Mark, in: Märkisches Jahrbuch für Geschichte 93/94 (1995), S. 161-188.

3 LAV NRW W, RKG L 24, Bd. 2, fol. 228v.

4 Thier 1989, S. 20.

 

Layout by Dominik Greifenberg